Wissen

Weiterbildung «Linguistik der Gebärdensprache»

Im Rahmen des Gebärdensprach-Lernprogramms bietet der Schweizerische Hörbehindertenverband, Sonos in Zusammenarbeit mit dem Verlag fingershop.ch eine Weiterbildung «Linguistik der Gebärdensprache» an. Unsere beiden Experten Marina Ribeaud vom Verlag fingershop.ch und Emanuel Nay, Oberstufenlehrer der Sek3, im Interview:

Marina Ribeaud: Für was sind die Workshops der Weiterbildung? Sonos hat ein Projekt «Lernprogramm für Gebärdensprache». Für dieses möchten wir eine Expertengruppe aufbauen. Diese Leute möchten auf dem gleichen Wissensstand sein. Also bieten wir einen Workshop für die Expertengruppe an. Und wir wünschen uns, die Tür für andere Gebärdensprachlehrer zu öffnen. «Herzlich Willkommen» in diesem Workshop. Das ist das Ziel.

Der Grund ist, dass wir in der Gebärdensprachlehrer – Ausbildung zu unserer Zeit damals viel Linguistik hatten. Inhaltlich haben wir uns viele Stunden vertieft mit der Linguistik beschäftigt. Später wurde es immer weniger. Vor allem haben die Leute immer Emanuel und mich gefragt, wie das geht. Auch wurde ich gefragt, ob ich bald Unterricht dazu anbieten kann. Ich wurde schon immer auf das Thema angesprochen. Deswegen müssen wir die Tür öffnen und ihnen diese Möglichkeit und Chance geben.

Emanuel Nay: Auch war ich damals erschrocken als ich bei der Ausbildung das Konzept und den Inhalt gesehen habe. Bei der Linguistik wurde stark gekürzt. Damals habe ich viel davon gelehrt bekommen. Bei den neuen Gruppen hat sich das reduziert. Das bedeutet automatisch, dass die Gehörlosen Wissens-Hunger haben. Sie melden sich bei mir und bei Marina. «Organisiert ihr nichts?» So ist die Zeit gekommen, dass wir etwas organisieren und anbieten müssen.

Marina Ribeaud: Ja.

Sonos: Gab es bisher keine Weiterbildungsangebote?

Emanuel Nay: Dass es keine bis jetzt gab? Doch bisher gab es schon Weiterbildungsangebote. Aber eher wenige vereinzelte zu allgemeinen Themen. Die Angebote sind gut, finden aber zu selten statt. Nach drei Jahren gibt es dann wieder eine Vertiefung und dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder. Nein, die Gebärdensprachlehrer brauchen regelmässig «Futter». Sie können nicht einen Monat etwas essen und dann erst einen Monat später wieder. Sie brauchen jeden Tag Bildung «Futter», damit sie fit bleiben.

Sonos: Warum gibt es Spannungen wegen unserem Angebot?

Marina Ribeaud: Man muss sich bewusst sein, dass die Schweiz sehr klein ist und die Gehörlosen kennen sich untereinander. Das soziale Netz ist für uns Gehörlose wichtiger, als für sich selbst einzustehen. Es ist wichtiger, das soziale Netz zu behalten als die eigene Meinung zu sagen. Und es braucht Zeit, bis die Person genug Selbstwertgefühl hat.

Emanuel Nay: Und ich beobachte bei Gruppen… Es ist nicht negativ. Es gibt einen Gruppendruck und einen gesellschaftlichen Druck. «Ah, verraten!» So in etwa. Das bedeutet, dass die Gebärdensprachlehrer verunsichert sind. Sie sind innerlich unsicher. Zweitens, fehlt der Mut. Drittens, vielleicht auch die Bildung. Ob sie genug davon haben? Das sind die drei Punkte. Wenn sie das alles haben, können sie selbst entscheiden und sagen: «Ich bin autonom» und «Niemand kann mir etwas vorschreiben».

Wie sagt man? «Ein demokratisches Bewusstsein». Sie stehen für sich selbst ein. Das ist bei den Gehörlosen allgemein und bei den Gebärdensprachlehrern ein Thema. Sie haben zu wenig Bildung bekommen. Wer ist dafür verantwortlich, dass sie zu wenig Bildung erhalten haben? Die hörenden Fachleute. Das bedeutet, dass es bei den Gehörlosenschulen sowie in den Integrationsschulen nicht optimal läuft. Die Hörenden insbesondere die Eltern tragen die Haupt-Verantwortung für die gehörlosen Kinder. Das Niveau ist dadurch tiefer und für die Entwicklung ist das nicht so gut. Darum sage ich, dass man mit der Gebärdensprache automatisch einen viel höheren Bildungsstand erreicht.

Sonos: Wie können die Gebärdensprachlehrer vom Angebot profitieren?

Auch die Schwerhörigen und Gehörlosen können sehr davon profitieren. Ich bin dankbar, dass ich die Gebärdensprache bekommen habe. Sehr spät, aber ich habe sie schnell erlernt. Dadurch stieg meine Lebensqualität massiv. Dafür bin ich dankbar und das möchte ich weitergeben. Sie können viel Neues lernen und ihr Wissen auffrischen. Neue Themen für die Arbeit nutzen und Ideen weiterentwickeln. Nicht stehen bleiben, sondern sich weiterentwickeln. Davon können sie profitieren.

Weiterbildung, sowie Bildung ist immer gut für die Weiterentwicklung. Die gehörlosen und schwerhörigen Kinder brauchen die Gebärdensprache in der Frühförderung. Das ist sehr wichtig! Sonos hat die Idee ein Lernprogramm für Gebärdensprache aufzubauen, um die Gebärdensprache der Kinder zu fördern. Das finde ich sehr wichtig. Ich möchte das unterstützen.

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