Sport

Dartschiessen mit Jan Beder

Jan Beder entdeckte seine Begeisterung für die Sportart Dart. Eine Disqualifizierung machte ihn wütend - doch er erhielt im vergangenen Oktober 2016 seine Revanche.

Hallo Jan! Wie bist du mit der Gebärdensprache in Berührung gekommen?

Jan Beder: Ich habe eine Schule für Schwerhörige besucht, die sehr stark darauf bedacht war, sich artikulieren und gut sprechen zu können. Gebärdensprache war strengstens verboten.

Zum allerersten Mal kam ich mit der Gebärdensprache bei den Spartakiaden (Sportwettkämpfe) für Hörbehinderte in Berührung. Später auch in Ferienlagern, wenn sich die Schulen ihre Schüler getauscht haben.

Wie lange bist Du schon hörbehindert?

Jan: Bin seit Geburt an Taubheit grenzend hörbehindert.

Welche Hindernisse musstest Du bislang aufgrund deiner Hörbehinderung überwinden?

Jan: Vor allem mein Selbstbewusstsein. Ich habe meine Hörbehinderung immer versteckt und kaschiert. Erst seit dem Ende der DDR habe ich durch verschiedene Seminare bei der Bundesjugend der Schwerhörigen gelernt, mit meiner Hörbehinderung selbstbewusst zu leben. Es gibt und gab noch viele weitere Hindernisse, die aber auch andere hörbehinderte Menschen haben.

Du spielst Dart bei den Dart-DEAF Devils Dresden. Wie lange spielst Du schon Dart und wie lange schon für die Devils?

Jan: Die «Deaf Devils» wurden Anfang 2015 gegründet. Ich selbst spiele in Dresden schon sehr lange Freizeitdart. Bis dahin hatte ich keine hörbehinderten Mitstreiter gefunden. Ein Zufallstreffer über Facebook ergab, dass es weitere interessierte hörbehinderte Dartfreunde gab. Das war für mich wie ein Befreiungsschlag und auch Motivation, eine eigene «Abteilung Dart» im «Dresdner Gehörlosen Sportverein 1920 e. V.» (DGSV 1920 e.V.) zu gründen.

Wie waren deine ersten Schritte mit der Sportart Dart?

Jan: Meine Liebe zur harten Rockmusik eröffnete mir in der Vergangenheit viele neue Wege im Leben. Auch beim Dart. Ein musikalischer Freund schwärmte mir immer von tollen Turnieren, tollen Menschen und tollen Würfen vor. Er nahm mich mal mit und ich habe dann sofort Blut geleckt. Das war ca. 2010. Seitdem versuche ich es mehr oder weniger erfolgreich mit guten Würfen.

Was waren Deine einschneidenden Erlebnisse – sowohl negative als auch positive – bei den Gehörlosenmeisterschaften?

Jan: Positiv finde ich, wie gut diese Meisterschaften durchorganisiert sind. Enttäuscht bin ich von einigen Sportkameraden süddeutscher Vereine, die unerfahrene Sportler zur Disqualifikation zwangen. Es ist nicht erlaubt, Hörhilfen im Wettkampf zu tragen. Für mich absolut selbstverständlich, damit auch ein wenig Gleichberechtigung herrscht. Nur passierte es mir ausgerechnet aus Versehen auf meiner 1. Gehörlosenmeisterschaft im Dart. Ein kleiner Hinweis hätte genügt, ich hätte mich auch sofort sportlich entschuldigt. Als positive Genugtuung habe ich genau diesen unehrenhaften Sportkameraden jetzt bei den Einzelmeisterschaften im Oktober 2016 sportlich geschlagen.

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Was sind deine größten Erfolge?

Jan: Ich sehe mich immer noch als Anfänger. Daher blieben große Erfolge im Gehörlosensport bisher aus. Da wir auch in der hörenden Liga spielen, habe ich bei einigen Turnieren kleinere Erfolge feiern können.

Du bist ein leidenschaftlicher Supporter von Dynamo Dresden. Zudem bist du auch Mitglied bei den DEAF Dynamo Supporters. Wie bist du dazu gekommen, dass du diesem Verein beigetreten bist?

Jan: Dresden war schon immer meine heimliche Hauptstadt. Zu DDR-Zeiten wohnte ich in Frankfurt an der Oder und unterstützte bis zur Auflösung der ostdeutschen NVA (Nationale Volksarmee) und damit seinen Fußballverein, den Armeesportklub FC Vorwärts. Sympathie aber hatte ich schon immer mit den schwarz-gelben Dynamos und sie waren unter anderem auch der Grund, weshalb ich nach Dresden gezogen bin. Ich besuchte bis 2009 aus verschiedenen Gründen nur ausgewählte Spiele. Ich suchte Gleichgesinnte und fand sie 2010. Diese fünf hörbehinderte Kameraden gründeten schon 2009 die «DEAF DYNAMO SUPPORTERS». Ich schloß mich der Gruppe umgehend an, wurde Mitglied bei Dynamo Dresden und bin seitdem Jahreskarteninhaber.

Mit wenigen Ausnahmen bin ich seit 2010 bei jedem Heimspiel dabei. Seit 2014 sind wir der 50. offizielle Fanclub bei Dynamo Dresden und auch als Verein mit Vorstand, mit mir als Vorsitzender, bekannt. Da wir uns in vielerlei Hinsicht auch sozial engagieren, wollen wir nun die Eintragung ins Vereinsregister und die Mildtätigkeit anstreben. Unsere große Herausforderung aktuell ist die Inklusion, sowohl im Verein Dynamo Dresden als auch im Stadion im Allgemeinen.

Es entstehen immer mehr DEAF-Fanclubs. Vor einigen Jahren gab es gar keine Fanclubs für Hörbehinderte, bis dann in Dortmund und Hamburg die ersten DEAF-Fanclubs entstanden sind. Wie positiv siehst Du die Entwicklung?

Jan: Ich unterstütze diese Bewegung, der Deaf-Fanclubs Gründungen. Warum? Wir sind in den Farben zwar getrennt, aber in der Sache vereint. Wir alle haben ähnliche Inklusionsprobleme in den Vereinen und in den Stadien zu bewältigen und zu überwinden. Der Dachverband Deutscher Deaffanclubs (DDDF) ist für die gebündelte Problematik ein guter Ansprechpartner für die Deaf-Fanclubs, Sprachrohr und Verhandlungspartner mit dem DFB und der DFL sowie Partner der BBAG (Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft). Diese Gemeinsamkeit ist unsere Stärke und ich bin aktiv dabei.

Was regt Dich persönlich am meisten auf?

Jan: Ich könnte mich über viele Dinge aufregen, aber mich regen Unehrlichkeit, Unkameradschaftlichkeit und die gefühlte, menschliche Kälte am meisten auf.

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