Laura ist gehörlos und bietet Physiotherapie in Gebärdensprache an. Ihre Geschichte zeigt, wie wichtig eine barrierefreie Kommunikation im Gesundheitswesen ist.
Laura wurde gehörlos geboren, was erst im Alter von zweieinhalb Jahren festgestellt wurde. Trotz ihrer Hörgeräte konnte sie nicht verstehen, wenn jemand mit ihr sprach, und begann daher früh, von den Lippen abzulesen. Ihr ursprünglicher Berufswunsch war Sportlehrerin, doch nach dem abgebrochenen Sportstudium fand sie ihre Berufung in der Physiotherapie. Ein Vorpraktikum im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil half Laura, den richtigen Weg zu finden. «Es geht um Bewegung und soziale Kontakte», erklärt sie. In der Physiotherapie kann sie sich auf eine Person konzentrieren, was ihr aufgrund ihrer Hörbehinderung entgegenkommt. Ihr Ziel war es von Anfang an, auch gehörlose und schwerhörige Patienten zu behandeln.
Inspiration und Motivation
Laura ist während ihres gesamten Studiums einmal einem gehörlosen Patienten begegnet. Diese Begegnung und eine Lücke in der Gesundheitsversorgung für Gebärdensprachorientierte motivierte sie, sich auf die Behandlung gehörloser Patienten zu spezialisieren. «Das Problem ist, dass es zu wenige Fachpersonen im Gesundheitswesen gibt, die gebärdensprachkompetent sind», betont sie. Laura möchte sicherstellen, dass gehörlose Menschen die gleiche qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung erhalten wie hörende Menschen.
Unterschied bei der Behandlung
In ihrer Praxis unterscheidet sich Lauras Ansatz von der herkömmlichen Physiotherapie. «Ich kenne die Kultur und Lebensweise der Gebärdensprachorientierten und kann gezielter auf sie eingehen», sagt Laura. Die manuellen Behandlungen sind die gleichen, aber die Kommunikation und die Aufklärung der Patienten erfolgen anders. Dank der Unterstützung ihres Arbeitgebers kann Laura mehr Zeit für die Behandlung aufwenden und sich besonders auf gehörlose Patienten konzentrieren.
Herausforderung und Überwindung
Der Weg zur Physiotherapeutin war für Laura nicht einfach. Das Studium erforderte eine hohe Konzentration und viele Anpassungen. «Es war sehr anstrengend», erinnert sich Laura. Die Unterstützung von Gebärdensprachdolmetschern und einem Kompensationscoach half ihr, die Herausforderungen zu meistern. Besonders während der Corona-Pandemie fühlte sich Laura isoliert und überfordert. Mit der Unterstützung der Fachstelle Hindernisfreies Studieren ZHAW Dept. G, ihrer Dozenten und ihrer Kompensationscoachin schafte sie es, weiterzumachen.
Positive Art und Lebenserfahrung
Mit ihrer positiven Art und der eigenen Lebenserfahrung als gehörlose junge Frau schafft es Laura, ihre Patienten nicht nur fachlich kompetent zu betreuen, sondern auch emotional «abzuholen» und zu unterstützen.
Reaktionen der Patienten
Die Reaktionen der gehörlosen Patienten auf Lauras Angebot sind sehr positiv. Viele sind dankbar für die barrierefreie Kommunikation und die Möglichkeit, ihre gesundheitlichen Probleme besser zu verstehen. «Ich kann viel Frust abbauen», sagt Laura. Ihr Angebot wird in der Berner Gehörlosengemeinschaft immer bekannter, obwohl sie ursprünglich nicht aus Bern stammt.
Pläne für die Zukunft
In Zukunft möchte Laura ihr Angebot erweitern und als mobile Physiotherapeutin arbeiten, um noch mehr Menschen mit Hörbehinderungen zu erreichen. Ein Gesundheitszentrum für Gehörlose mit integrierter Physiotherapie wäre ihr grosser Traum. Laura betont, wie wichtig es ist, dass mehr Menschen im Gesundheitswesen gebärdensprachorientiert arbeiten: «Gesundheit geht über Verstehen und Erkennen».