Menschen

«Schwierig, wenn du als Kind selber nicht verstehst, was da steht und übersetzen musst»

Aufwachsen als CODA? Janina Kröning erzählt hearZONE wie das Aufwachsen in einem gehörlosen Elternhaus ist und was wir darüber wissen sollten.

Die zwanzigjährige Janina Kröning ist CODA und ist bilingual aufgewachsen. Während ihre Eltern sie in der Gebärdensprache lehrten, brachte ihr die Oma das Sprechen bei. Ihre Gebärdensprache begutachtete Janina durch einen Spiegel und korrigierte sie, sobald ihr auffiel, dass etwas nicht stimmig war. So, wie sie es bei ihren Eltern gesehen hatte. Ihre Freunde hatten anfänglich etwas Angst vor Janinas gehörlosen Eltern, da ihnen der Umgang mit gehörlosen Menschen allgemein fremd war.

Mit der Zeit kam die Vertrautheit und ihre Freunde lernten nach und nach einige Gebärden. Die Dorfbewohner hingegen können nicht gebärden. So kommt es dazu, dass Janina ab und zu gefragt wird, wie die ein oder andere Gebärde geht. Die Bewohner sind begeistert darüber und lachen mit ihr. «Ich habe dann das Gefühl, das ist komisch und dass man da nicht ernst genommen wird», so Janina.

Schon früh übernahm Janina große Verantwortung. Zu ihrem achten Lebensjahr baten ihre Eltern sie um Hilfe und zwar beim Dolmetschen. «Schwierig, wenn du als Kind selber nicht versteht, was da steht und übersetzen musst. Meine Oma ist aber da, wenn ich Probleme habe und sie hat es mir erklärt», erzählt Janina. In der Schule übersetzte sie die Bewertung der Lehrer und erzählt von ihrem Bruder. Dieser hätte mehr Negatives zu erzählen gehabt.

Möglicherweise hat er hier und da mal etwas beim Dolmetschen weggelassen, meint Janina im Gespräch. In jungen Jahren konnte sie noch nicht so gut dolmetschen, erzählt Janina. Sie übersetzte nur kurz und wurde im Laufe der Jahre immer besser, da sie deutlich an Erfahrung dazu gewonnen hat. «Der Arzt und die Mitarbeiter kennen uns schon seit wir klein sind. Auch die Banken kennen uns alle», so Janina.

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«Ich finde die Gebärdensprache toll. Ich finde es schön, dass man viel mehr Möglichkeiten über die Gebärdensprache hat. Zum Beispiel, wenn ich etwas rufen möchte und jemand zu weit weg ist, um mit mir zu sprechen, fange ich an zu gebärden. Ich habe sie als zweite Sprache. Eine, die schön und vielseitig ist», sagt sie stolz. Janina hat wenige Freunde, die gehörlos sind, aber das liegt eher daran, dass sie umgezogen sind. Sie achtet bei Menschen nicht auf den Hörstatus.

Da macht sie keinen Unterschied, wenn sie neue Freunde finden möchte. Zur Zeit hat sie eine sehr gute Freundin, die am Anfang kein großes Interesse daran hatte, die Gebärdensprache zu erlernen. Da der Kontakt zu Janina aber schon seit langem besteht, bringt sie sich diese nun nach und nach selbst bei. «Sie versteht sich auch gut mit meinen Eltern», erzählt Janina. «Ich finde es schade, dass wenig Interesse da ist. Ich denke die Gebärdensprache kann jeder erlernen. Gehörlose können nicht hören lernen», erklärt Janina. Sie findet, dass die Gebärdensprache eine schöne Sprache ist.

Als CODA fühlt sich Janina nicht voll gehörlos und nicht voll hörend. «Wir sind anders – CODAS sind anders. Ich sehe oft bei CODA-Treffen, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben. Die Gewohnheiten, die ähnlich sind.», so Janina. Die CODA-Treffen finden an verschiedenen Orten statt.

Zum Abschluss des Gesprächs teilt Janina uns ein besonderes Anliegen mit: «Ich wünsche, dass es weniger solche Stiuationen gibt, wo die CODAs alles übersetzen – man sollte einen Dolmetscher hinzuziehen. Denn Kinder sind keine ausgebildeten Dolmetscher. Und Kinder wollen auch ein Kindesleben haben. Vieles wird auch finanziert».

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