Menschen

«Ich habe ein Ohr aus Plastik»

Sie ist eine Piercerin aus Karlsruhe. Ihre Ausbildung zur Zahntechnikerin hatte sie abgebrochen. Die leidenschaftliche Pferdereiterin hat ein großes Herz für Menschen. Doch das ist nicht das einzig Besondere an ihr. Sie hat ein «Poröses Plyethylen». Einfach gesagt: ein Ohr aus Plastik.

«Ich kam mit einer Ohrmuschelmissbildung zur Welt. Aufgrund mangelnder Durchblutung. Später, als ich ein Jahr jung war, wollten die Ärzte meine Ohrmuschel aufklappen, was dann schließlich dazu führte, dass mein Ohr nicht repariert werden konnte. Meine Mutter versuchte dann meine Haare so zu flechten, dass die linke Kopfseite immer sichtbar wurde», erzählt Janis Katherine Frank.

Gemobbt, weil sie anders ist

Selbsterklärend kann man schon vermuten, dass Janis später in der Schulzeit aufgrund eines fehlenden Ohrs gemobbt wurde – was dann auch passierte. Der Gedanke daran, ein künstliches Ohr machen zu lassen, blieb Janis rundum hängen. «Am 24. Mai 2013 bekam ich mein ‚Poröses Plyethylen‘, auch bekannt als weltweit häufig verwendeter Kunststoff. Dies wird oft bei Unfallopfern für das Reparieren von Nase oder Kiefer verwendet», erklärt die Glückliche. «Poröses Plyethylen» ist fest, leicht und zäh und wird bei Temperaturen von bis zu 100 °C benutzt.

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Das Ohr von Janis Katherine Frank / Foto: privat/zVg

«Man sagte, ich höre links 20%. Wenn mich aber jemand von links anspricht, reagiere ich nicht», schildert Janis. Der mögliche Hörverlust scheint für Janis aber weniger nervend zu sein. Das linke Ohr von Janis ist für viele Menschen ein Hingucker. Es ist anders. «Mein einzigartiges Ohr stört mich nicht. Es nervt nur, die Blicke anderer Menschen zu sehen, wenn ich meine Haare offen trage und mein Ohr sichtbar wird», so Janis. «Wer den Film ‚Nemo‘ kennt, könnte gleich ein anderes Argument liefern – ein fröhliches. Denn Nemo hat eine beschädigte Flosse, welche auch als Glücksflosse bezeichnet wird. Jemand sagte mir mal, ich hätte ein Glücksohr, so wie Nemo eine Glücksflosse hat.»

Mitmenschen ekeln sich

Ekelhaft? Unmenschlich? Wohl kaum! Obwohl Janis dies tagtäglich erleben muss, wie ihre Mitmenschen sich über ihr «anderes» Ohr ekeln, reagiert sie nicht auf die kindischen Kommentare anderer. «Es gibt nette Menschen, die danach fragen. Aber auch gab auch schon welche, die mich angewidert nach meinem Ohr fragten. Ich gebe gerne Auskunft, wenn die Fragenden auch höflich bleiben. Andernfalls ignoriere ich sie», fügt Janis hinzu.

«Leben und leben lassen!»

Für ihr «Poröses Plyethylen» ist Janis heute sehr dankbar. Auch lobt sie die Medizin für ihre Fortschritte. Schämen tut sie sich nicht. «Egal welche Hautfarbe, Behinderung oder innerliche und äußerliche Eigenschaften man hat. Wir haben alle rotes Blut und ein schlagendes Herz. Wir Menschen müssen uns nicht gegenseitig fertigmachen. Leben und leben lassen!», beendet Janis Katherine Frank das Gespräch mit hearZONE.

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