«Das Cochlea Implantat ist nicht die Lösung für alles»
Anja Gensetter ist 24 Jahre jung und liess sich ein Cochlea Implantat (CI) einsetzen. Trotz der technischen Möglichkeiten des Implantats steht für Anja Gensetter fest: Die bilinguale Frühförderung steht an erster Stelle.
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Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Erarbeitung von visuellen und verständlichen Informationen zum zweisprachigen Sprachmodell. Damit wird sichergestellt, dass das dringend benötigte Wissen über die bimodale bilinguale Frühförderung Eltern von Kindern mit einer Hörbehinderung erreicht.
Anja Gensetter studiert Sozialpädagogik und ist fasziniert von der Gebärdensprache. Trotz ihrer Operation mit dem Cochlea Implantat vor vier Jahren fehlte ihr der Kontakt zur Gebärdensprachgemeinschaft. Nun setzt sie alles daran, ihre Identität stärker auszubilden, um einen Zugang sowohl zur Gebärdensprachgemeinschaft als auch zur Welt der Hörenden zu bekommen. «Die bilinguale Frühförderung ist wichtig für die Identitätsfindung», so Anja. Hörbehinderte Kinder sollten früh Zugang zu beiden Sprachgemeinschaften haben, um herauszufinden, wo sie sich zugehörig fühlen.
Aufgewachsen ist sie mit der Lautsprache und wurde neugierig auf das CI, als sie bemerkte, dass sie in ruhiger Umgebung den Gesprächen mehrerer Personen nicht mehr folgen konnte. Sie entschied sich für das Implantat. «Wenn ich das Implantat nicht hätte, könnte ich die Ausbildung zur Sozialpädagogin nicht machen», freut sich Anja und erzählt von den ersten Eindrücken mit ihrem CI: «Zuerst war es irritierend. Ich dachte, was ist das überhaupt für mich? Ich war mit dem Fahrrad unterwegs und fragte mich, was quietscht da so? Das müssen Vögel sein», sagt Anja belustigt.
Das Hörtraining
Nach der Operation trainierte sie hart, um zu hören. Musik, Hörspiele und die Migros Klubschule unterstützen die ehrgeizige Anja in ihrem Vorhaben. «Ich habe keine Durchsage am Bahnhof verstanden. Seit ich das Cochlea Implantat habe, kann ich Stimmen unterscheiden, viel besser telefonieren, hören aus welcher Richtung ein Ton kommt und sogar das Vogelgezwitscher und Uhrenticken wahrnehmen.» Auch muss sie sich beim Fernsehen nicht mehr so stark auf die Untertitel konzentrieren. Um den Gesprächen im Fernsehen zu folgen, nutzt sie die Ringleitung ihres Implantats. Ihre Aussprache wurde deutlicher und klarer, der Wortschatz grösser. «Ohne das Cochlea Implantat war ich so beschäftigt mit dem Hören, dass ich keine Kapazität mehr hatte, neue Wörter aufzunehmen», erklärt Anja.
Keine Lösung für alles
Trotz der schönen Musik, die sie mit ihrem Implantat erlebt, fühlt sie sich nicht ganz zu Hause. «Das Implantat ist nicht die Lösung für alles», so Anja und erinnert an die Bedeutung der Bilingualität. Durch das zusätzliche Erlernen der Gebärdensprache kann Anja im Gespräch einige Verständnislücken ausfüllen, die durch das Hören mit dem CI entstehen. Denn auch mit dem Cochlea Implantat ist kein vollständiges Hören möglich