In diesem Jahr waren Vertreterinnen von Partnerprojekten, der gemeinnützigen Hear The World Foundation bei der «International Summer Academy», um ihr Fachwissen zu vertiefen mit dem Ziel bedürftigen Kindern mit Hörverlust in ihrer Heimat besser helfen zu können.
Marzipan, Backsteingotik, Kirchtürme – wenn man an die norddeutsche Hansestadt Lübeck denkt, sind das wohl die ersten Gedanken, die einem durch den Kopf schießen. Zudem ist der mittelalterliche Stadtkern mit seinem buckligen Kopfsteinpflaster und der gut erhaltenen vorindustriellen Bausubstanz als UNSECO Weltkulturerbe international bekannt. Im Kontrast zur Jahrhunderte alten Geschichte der Stadt beheimatet Lübeck auch eines der modernsten Ausbildungs- und Kompetenzzentren für Hörakustik weltweit: Die afh (Akademie für Hörakustik) ist ein Mekka für Hörprofis und die, die es werden wollen.
Bereits seit über zehn Jahren treffen sich im August Hörexperten aus aller Welt zur «International Summer Academy» an der afh, um sich fortzubilden und auszutauschen. Mit von der Partie waren dieses Jahr auch Elizabeth Wambui, Hörakustikerin aus Kenia, Myroslova Pylypiuk, HNO-Ärztin aus der Ukraine und Gladys Asmar, Audiologie-Assistentin aus dem Libanon. Alle drei sind Vertreterinnen von Partnerprojekten der gemeinnützigen Hear the World Foundation, die auf Einladung der Stiftung nach Lübeck gereist sind. Sie haben ein gemeinsames Ziel: Ihr Fachwissen vertiefen, um bedürftigen Kindern mit Hörverlust in ihrer Heimat besser helfen zu können.
Schwerpunkt: Hörmedizinische Versorgung für Kinder
Den drei Hörexpertinnen, die im Vorfeld schon an mehreren Webinaren teilgenommen haben, wurde in Lübeck ein intensives Kursprogramm in Pädaudiologie geboten. In Theorie- und Praxisschulungen haben sie gelernt, wie sie Hörverlust bei Kindern richtig diagnostizieren, Ohrpassstücke kindgerecht fertigen, Hörgeräte anpassen und Familien in die Versorgung einbinden. Darüber hinaus wurden sie über die neueste Hörtechnologie und moderne Diagnoseverfahren informiert. «In der Ukraine behandle ich meist Erwachsene, doch mittlerweile kommen auch viele Kinder zu mir. Deren Behandlung ist allerdings anders und oft komplizierter. Beim Training an der Sommerakademie habe ich nun gelernt, wie ich Kinder richtig testen und versorgen kann», so Myroslova Pylypiuk.
Wissen vermitteln: Ein wichtiger Schritt bei der Hilfe zur Selbsthilfe
Oft haben Kinder, die nicht gut hören, in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen wie der Ukraine, dem Libanon oder Kenia kaum Chancen auf eine normale Schulbildung und werden sozial ausgegrenzt. Um diesen Kindern eine bessere Zukunft bieten zu können, ist es wichtig, ihnen Zugang zu einer hochwertigen audiologischen Versorgung zu eröffnen. Und das geht nur, indem vor Ort Fachwissen vermittelt und verbreitet wird. Aus diesem Grund unterstützt die Hear the World Foundation Partnerprojekte nicht nur mit der Spende von modernen Hörgeräten, sondern auch mit Schulungen vor Ort und nun erstmals auch mit Fortbildungen an der Sommerakademie der afh in Lübeck.
«Die Hörversorgung in Kenia ist sehr schlecht, wir haben wenige Fachkräfte und es gibt kaum Möglichkeiten zur Fortbildung in Pädakustik», so Elizabeth Wambui, die an einem Krankenhaus in der kenianischen Stadt Kijabe arbeitet. «Das Wissen, was ich an der Sommerakademie der afh vermittelt bekommen habe, kann ich nun an Kollegen in Kenia weitergeben und so dazu beitragen, dass sich die hörmedizinische Versorgung von Kindern verbessert.»
Auch für Gladys Asmar vom IRAP (Institut de Rééducation Audio Phonetique) im Libanon, einer Schule für Kinder mit Hörverlust, die auch syrische Flüchtlingskinder aufnimmt, war die Fortbildung in Lübeck eine Bereicherung: «Besonders habe ich vom Hörscreening-Training profitiert. In diesem Bereich hatte ich bisher noch nicht viel Erfahrung und konnte viel dazulernen. Insgesamt fühle ich mich jetzt sicherer und bin davon überzeugt, dass ich die Kinder am IRAP noch besser versorgen und unterstützen kann.»
Mit der Fortbildung der drei Projektpartnerinnen an der afh in Lübeck hat die Hear the World Foundation in eine professionelle audiologische Versorgung investiert, die langfristig nicht mehr auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen sein soll. Somit ist die Stiftung ihrem Ziel, dass Kinder in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen dieselbe Qualität an hörmedizinischer Versorgung erhalten wie Kinder in Ländern mit höherem Einkommen, wieder ein Stückchen nähergekommen.