Kolumne

Klein, fein und ständig auf Abenteuerreise

Wir alle kennen das: In der Regel beschweren wir uns eher über unsere Hörhilfen, als dass wir ihnen huldigen. Das Hörgerät pfeift, wenn das Ohrpassstück nicht mehr sitzt. Außerdem werden die Batterien scheinbar jedes Jahr teurer. So viel besser ist das Cochlea Implantat dann auch wieder nicht, denn an empfindlichen Tagen drückt der Magnet oder man findet keine neuen Batterien (oder hat vergessen den anderen Akku aufzuladen). Die Beschwerden bleiben im Prinzip dieselben.

Und genau dann, wenn wir unsere Hörhilfen nicht mehr zu schätzen wissen, verschwinden sie. Meistens passiert es morgens, wenn wir sowieso schon spät dran sind und die letzten Meter zur Straßenbahn vor uns haben.

Man ist schon mit einem Bein aus der Haustür und stellt bei der gedanklichen Checkliste «Schlüssel? Handy? Fahrkarte?» fest, dass irgendetwas seltsam ist. Es ist so ruhig, so still… zu still. Dann heißt es zurück sprinten und mit Entsetzen feststellen, dass sich das arme, arme Hörgerät weder dort befindet, wo man es abends in der Regel ablegt, oder das CI im Schlepptau hat.

Ich versuche dann in der Regel nicht panisch zu werden, aber sind wir ehrlich: die Panik frisst sich nur so durch unseren Körper. Denn wir können uns bereits bildlich vorstellen, was das Fehlen der Geräte für unseren Alltag bedeutet: «Stress, Stress, Stress!» Und das an sämtlichen Fronten. Akustiker, Krankenkasse, Umfeld. Stress mit einem selbst natürlich.

In der Regel suchen wir nach unserem Hörgerät dann in einem rasenden Tempo. Unser übliches Chaos wird erweitert zum totalen Chaos und genau dann, wenn wir total verzweifelt sind, kurz davor sind zu heulen – zumindest manchmal – dann zwingen wir uns wie Buddha zur innerlichen Ruhe.

Zugegeben, ich will dann immer kreischen: «Scheiß auf die Ruhe!», aber die Erfahrung zeigt, dass Panik ein Dutzend graue Haare mehr zur Folge hat. Ich finde mein Hörgerät meistens im Kuschel-Modus mit meinem CI. Wo? Manchmal sind sie nur zusammen vom Schreibtisch gerutscht, oder liegen hinter einem Berg an Taschentüchern. Im dümmsten Fall sind sie an Ort und Stelle, nur leider ausgeschaltet. Im/am Ohr natürlich.

Doch zwei Dinge bleiben Fakt. Wir wissen unsere Hörhilfen oft viel zu wenig zu würdigen. Sie leisten jeden Tag über 15 Stunden ihren Dienst. Meistens zuverlässig und auf Hochtouren. Und was tun wir? Wir beschweren uns über gefühlte hundert Nichtigkeiten. Vielleicht sollten wir das überdenken, oder uns überlegen, wie sich das CI über uns auslassen würde: «Treulos, ständig am meckern, weiß mich nicht zu schätzen etc.»

Ach ja, Fakt zwei: Natürlich verpassen wir die Straßenbahn, wenn wir von lieben Begleitern um ihre Wichtigkeit erinnert werden müssen.

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