Menschen

Interview mit Kim Andrzejewski

Was gibt es schöneres, als Menschen, die Musik für Gehörlose zugänglich machen wollen. Menschen, die sich so engagieren, wie Kim Andrzejewski und aktiv Gebärdensprachlieder (SignSongs) produzieren. Kim ist für ihre Übersetzungen im Internet schon sehr bekannt. Knapp 4.000 «Gefällt mir»-Angaben hat ihre Facebook-Fanseite «Kim - Lieder in Gebärdensprache». Doch nun wollen wir wissen, was es damit auf sich hat und wie es dazu kommen konnte, dass Kim sich inzwischen einen Namen gemacht hat.

Hallo Kim! Du bist hörbehindert? Dürfen wir fragen, seit wann und wie?

Kim: Ja, das ist richtig, ich bin seit meiner Geburt vererbungsbedingt schwerhörig.

Du bist aber nicht die einzige Person mit einer Hörbehinderung in deiner Familie, richtig?

Kim: Ja, das ist richtig, meine Familie sind alle gehörlos, ich bin die einzige mit noch etwas Hörvermögen.

Wie verläuft denn da die Kommunikation in der Familie? Kommuniziert ihr eher auf Gebärdensprache oder in der Lautsprache?

Kim: Natürlich, ich kommuniziere mit meiner Familie komplett in Gebärdensprache. Manchmal reden sie mit Lautsprache, aber dann eher wenn sie keine Hand gerade frei haben oder mal nach Lust und Laune – natürlich dann nur zu mir.

Du sagtest in einem Video, dass Deine Freunde und Verwandte Dich dazu animiert haben die Lieder auf Gebärdensprache ins Internet zu stellen. Wie kam es denn eigentlich zu diesem Interesse?

Kim: Ach, irgendwie durch meiner große Schwester, als ich jung war, so etwa um die 7-8 Jahre alt, da hab ich sehr gerne Musik gehört und mit meiner Schwester getanzt. Ich wollte allerdings nicht alleine singen und mein Schwesterherz wollte irgendwie «mitsingen», also habe ich ihr manchmal Wörter oder Sätze beigebracht, dass wir dann zusammen singen und tanzen konnten. 1997 durfte ich für einen Musikband für ihre Musikvideo-Aufnahme die Strophen in Gebärdensprache übersetzen, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Je älter ich wurde, desto besser habe ich die Texte verstanden und viel mehr gesungen. Meine Mutter und Schwester haben mir gerne einfach so von den Lippen abgelesen und irgendwann hab ich es dann manchmal aus Spaß in Gebärdensprache übersetzt. Da waren sie so hin und weg, das hat mir schon eine Freude und viel Spaß gemacht. Dann so mit ca. 16 Jahren habe ich angefangen intensiv in Gebärdensprache zu singen und das dann öfter in der Familie durch Aufforderung, irgendwann auch vor meinem engen Freunden und das alles aber immer aus purer Spaß und das die Jahre über. Letztes Jahr auf der Geburtstagfeier meiner besten Freundin waren sehr viele Freunde da und da habe ich mal wieder nach Aufforderung sehr viele Lieder übersetzt und dabei getanzt. Da habe ich gesehen, wie viele Augen geleuchtet haben und begeistert waren, das hat mich sehr berührt und sie meinten, das muss ich doch unbedingt veröffentlichen und irgendwie mit den anderen teilen. Es macht mir immer wieder eine Freude, die Augen zum Strahlen zu bringen und die Begeisterung für Gebärdensprache zu sehen, also habe ich es letztendlich mich durchgedrungen es zu veröffentlichen und zu teilen.

Durch diese Videos möchtest Du nicht einfach nur den Hörbehinderten mit Gebärdensprachkenntnissen Zugang zur Musik ermöglichen, sondern den Hörenden Interessenten auch die Möglichkeit geben die Gebärdensprach durch die Musik zu erlernen. War das Absicht oder ist es Dir erst im Nachhinein aufgefallen?

Kim: Das habe ich von Anfang an bewusst so dargestellt, wie auch in meiner Vorstellungsvideo auf meiner Facebook-Seite «Kim – Lieder auf Gebärdensprache» erwähnt. Ich bin nämlich mit 3 Welten aufgewachsen – also sprich: gehörlose, schwerhörige und hörende.
Ich sah viele Benachteiligungen auf allen Seiten, in meinem privaten und öffentlichen Leben und wollte niemanden dafür benachteiligen, sondern lieber zusammenführen, was bisher auch immer sehr erfolgreich war.

Was ist mit Untertitel? Wäre das nicht noch eine Option die Gebärdensprache besser zu erlernen?

Kim: Das kann schon sein, allerdings benötigt das mehr Zeit und spezielle Programme, die ich nicht auf meinem neuen Laptop habe, weil ich das generell nur mit Handy aufnehme und direkt auf meiner Seite hochlade. Allerdings habe ich auch andere Videos von anderen gesehen, wo sie es gemacht haben und viele Kritiken dafür gehört, weil man als Hörender ja nicht alles auf einmal mit den Augen aufnehmen könnte oder von der Optik her für einen Hörbehinderten zu viel für einen Video wä-re. Ich möchte mir auf jeden Fall treu bleiben und das wie bisher durchziehen, es sei denn ich bekomme mehr Unterstützungen, steht dann alles eventuell offen.

Sind das Lieder die Du selbst magst und dann auf Gebärdensprache bringst oder sind das eher die Lieder die Deine Fans von dir wünschen?

Kim: Ich bringe es nach den Wünschen meiner Fans. (lacht)

Siehst Du das Ganze als professionelle oder eher hobbymäßige Übersetzung in die Gebärdensprache?

Kim: Auf jeden Fall hobbymäßig!

Würdest Du es denn später gerne Professionell machen?

Kim: Ja, ich schließe mittlerweile nichts mehr aus, da ich ja schon so überraschenderweise sehr weit kam als ich erwartet habe, aber dadurch, dass mir auch Auftrittsanfragen vorliegen, muss ich mich wohl auf alles Mögliche einstellen. Ich mache es ja vom ganzen Herzen und es macht mir wirklich sehr viel Spaß!

Was sind Deine nächsten Ziele und Wünsche?

Kim: Ich versuche derzeit einfach nur die Wunschliste meiner Fans und Auftritte abzuhaken, derzeit stelle ich die Videos sogar auch bei Youtube nach langer Überlegung und Widerstreben online und versuche, sooft ich es zeitlich schaffe, Lieder zu übersetzen und online zu stellen. Mein Ziel ist, dass alle 3 Welten mehr zusammen gemischt werden und zusammen kommen – ohne jegliche Vorurteile. Manchen helfe ich und manche mache ich eine Freude, was mir wiederrum Freude macht. Auf meiner Seite bekomme ich so unglaublich viele Anfragen, ob ich vielleicht sogar privat Gebärdensprachekurs geben würde, wo ich derzeit dann überlege, auch eben ab und an ein paar Wörter in Gebärdensprache einfach zu übersetzen und online zu stellen. Wenn es weiterhin so gut läuft, würde ich meine Seite bzw. Videos sehr gerne darüber hinaus weiterentwickeln lassen und vielleicht sogar mehr als nur Videos online stellen. Ich lasse es auf mich zukommen und habe keine Erwartungen.

Möchtest Du etwas den Hörenden mitteilen?

Kim: Lasst euch bitte nicht einschüchtern eure ersten Versuche mit der Gebärdensprache lernen und sie auch vor den anderen Menschen anzuwenden oder auch mit den Hörbehinderten einen Gespräch zu suchen. Jeder macht es auf seine eigene Art und Weise ganz toll und ich habe auf jeden Fall Respekt vor solchen Menschen, die die freiwillige Wille dazu haben oder uns unterstützen wollen, danke euch alle dafür!

Möchtest Du etwas den Hörbehinderten mitteilen?

Kim: Lasst euch ebenfalls nicht einschüchtern mit den Hörenden trotzdem zu unterhalten, wir sind letztendlich alle nur Menschen, die eben miteinander auskommen sollen & können. Gebt den Hörenden Zeit und den Gefühl dabei sein zu dürfen, mischt sie unter uns und wir kommen zusammen sehr weit. Zusammen lässt es sich leichter gegen Autismus und vieles andere Einschränkung wegen unserer Hörbehinderung kämpfen. Versteckt euch nicht, zeigt was ihr habt und könnt!

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