Zwei gehörlose Triathleten verfolgen einen Traum. Thomas Suslik und Volker Marks sind zwei erwachsene und hörbehinderte Männer, die gemeinsam einen Traum verfolgen: die Langdistanz in Roth. Dieser ist am 12. Juli 2015 und gilt als das Mekka für die Triathleten.
Thomas und Volker trainierten hart. Im Interview erzählen sie uns, wie sie das anstellen und was für sie das Besondere an Roth ist. Auch wie sie mit ihrer Hörbehinderung im Alltag umgehen.
Hallo Thomas, Hallo Volker, bald ist es soweit, dann steigt euer erster Triathlon. Wie aufgeregt seid ihr schon?
Thomas: Wir machen schon seit Jahren Triathlon, haben jedoch noch keine Langdistanz (3,8 km/180 km/42 km) bewältigt. Ich bin jetzt noch nicht aufgeregt und denke manchmal an den großen Start und bekomme da schon Gänsehaut. Auf jeden Fall werde ich ein paar Tage vor dem großen Start aufgeregt sein.
Volker: Bis zum Wettkampf geht es nicht mehr lange und ich mache mir jetzt schon sehr viele Gedanken, besonders bei den langen Lauf- oder Radeinheiten. Da kribbelt es schon bei mir, aber bis dahin sind noch sehr viele Trainingseinheiten zu absolvieren und ich will weiterhin konsequent dran bleiben und weiter trainieren.
Ihr trainiert wohl sehr viel und hart. Bleibt da überhaupt noch genug Zeit für andere Hobbys, eure Familie und Freunde?
Thomas: Für diese Langdistanz bereiten wir uns gut vor bzw. trainieren viel. Für andere Distanzen trainieren wir nur nach Lust und Laune. Ich habe meine Familie um Rat gebeten, bevor ich mich für die Langdistanz angemeldet habe. Ich versuche meine Familie, Freunde und meinen Job unter einen Hut zu bekommen. Wenn ich es gut organisiere, dann klappt es auch gut. Aber ohne die Unterstützung von meiner lieben Frau wäre es noch schwieriger für mich! Ich bin ihr sehr dankbar und ich hoffe, sie hält es noch bis zum großen Start aus.
Volker: Es ist schon sehr schwierig, je näher der Wettkampf kommt, desto intensiver wird mein Trainingsumfang. Ich habe es vielleicht etwas einfacher als Thomas, da er eine Familie hat, aber meine Freunde und Familie müssen auch schon etwas leiden.
Momentan, wenn ich arbeiten gehe und danach zwei Trainingseinheiten absolviere, bin ich immer sehr spät zuhause. Alle wissen von meinem Traum und unterstützen mich so gut es geht. Ich hatte drei Belastungswochen mit viel Training (bis zu 21 Stunden in der Woche) und eine Entlastungswoche (mit nur ca. zehn Stunden Training). In der Entlastungswoche habe ich etwas mehr Zeit für meine Freunde und Familie.
Beschreibt mal einen Tag, wie er aussieht:
Thomas: Freitags zum Beispiel stehe ich um 05:30 Uhr auf. Dann habe ich ein kleines Frühstück mit einem Kaffee. Um 06:30 Uhr gehe ich dann für eine Stunde schwimmen. Dann gehe ich arbeiten. Anschließend bin ich geradelt oder gehe für ca. 2 Stunden laufen.
Sonst gehe ich zweimal pro Woche um 06:30 Uhr für eine Stunde schwimmen. Danach gehe ich zur Arbeit. Wenn ich zu Hause arbeite, laufe ich gerne mittags in meiner Pause, ansonsten gehe ich nachmittags oder abends laufen. Am Wochenende fahre ich dann lange Fahrrad.
Volker: An jedem Tag sieht mein Training anders aus. Zweimal die Woche gehe ich eine bis anderthalb Stunden schwimmen. Ansonsten habe ich zwei verschiedene Trainingseinheiten, das heißt, dass ich nach der Arbeit um 15:00 Uhr für zwei bis drei Stunden radeln gehe, Danach zwei Stunden Erholung habe und anschließend noch für eine bis anderthalb Stunden laufen gehe. Am Wochenende gehe ich vier Stunden radeln und danach habe ich eine lange Laufeinheit von über zwei Stunden.
Habt ihr euch irgendein Ziel gesetzt für eure erste Langdistanz oder wollt ihr es erstmal über die Ziellinie schaffen?
Thomas: Ein Ziel zu setzen ist schwierig. Für mich ist es wichtig, dass ich es bei meiner ersten Langdistanz über die Ziellinie schaffe. Es wäre natürlich geil, wenn ich unter elf Stunden über die Ziellinie laufe, aber so genau kann ich es nicht wissen. Mir fehlt noch die Erfahrung bei der Langdistanz. Schauen wir mal.
Volker: Natürlich habe ich ein Ziel, sonst würde ich ja nicht so «bekloppt» trainieren. Ich bin kein Typ, der einfach sagt: Hauptsache ich komme ins Ziel! Dazu bin ich zu ehrgeizig! Aber es ist meine erste Langdistanz und ich weiß nicht wie mein Körper auf die lange Distanz reagieren wird. Ich hoffe, dass ich mit einer guten Zeit ankommen werde.
Wenn ihr euren ersten Triathlon gelaufen seid, was sind dann eure Ziele? Wo wollt ihr anschließend noch hin?
Thomas: Ich glaube, danach mache ich nur noch die Halbdistanzen, anschließend verbringe ich dann dort mit meiner Familie den Urlaub. Wenn meine Kinder dann älter sind, dann überlege ich mir, wo ich wieder die Langdistanz machen kann. Vielleicht bei Norse Extreme in Norwegen.
Volker: (überlegt) Ich mache seit ca. fünf Jahren Triathlon und jedes Jahr habe ich mir neue Ziele gesetzt und dieses Jahr sind meine Ziele meine erste Langdistanz und die 1. Deutsche Triathlonmeisterschaft der Gehörlosen am 9. August in Altenrheine. Da bin ich total stolz, dass ich mit dem Sportverband aus Altenrheine geschafft habe es austragen zu dürfen. Es haben sich schon sehr viele Hörbehinderte angemeldet und ich hoffe, dass noch mehr Anmeldungen kommen werden. Wir werden einmal die olympische Disziplin austragen, die als Deutsche Meisterschaft ausgetragen wird und dann noch die Staffel- und Volksdistanzen, bei denen jeder mal mitmachen beziehungsweise reinschnuppern kann.
Welche Ziele ich für 2016 habe? Da gibt es schon ein paar Ideen, zum Beispiel im Ausland an einem Triathlonwettkampf teilnehmen. Aber da werde ich noch mit Thomas und anderen hörbehinderten Triathleten darüber reden, denn gemeinsam macht es viel mehr Spaß.
Warum ist es für euch so wichtig, euren ersten Triathlon in Roth zu machen? Was ist da so besonders?
Thomas: «Wer nie in Roth war, ist kein Triathlet». Solarer Berg, Biermeile Eckersmühlen, Kalvarienberg, Flachland. Mehr muss man eigentlich nicht sagen, wenn man die kultigste Strecke zusammenfassen will. Nirgendwo ist die Begeisterung so groß wie am Solarer Berg in Hilpoltstein. Roth ist die wahre Triathlonstadt. Roth ist das Triathlon-Mekka, die viele Leute aus der ganzen Welt aus mehr als 63 Ländern anzieht. Die Triathleten stecken sich jedes Jahr an.
Volker: Ja, Thomas, genau! Deswegen wollen wir dort unsere erste Langdistanz absolvieren. Es soll nämlich ein unvergesslicher Moment werden.
Was ist eure Motivation? Was treibt euch so an?
Thomas: Volker hat das gleiche Ziel wie ich, das motiviert mich sehr. Ohne ihn wäre ich nicht so gut! Wir reden oft darüber und tauschen gegenseitig Meinungen und Tipps aus.
Volker: Man muss doch immer neue Ziele setzen, oder? Die Langdistanz ist nun mal die Königsklasse und jeder der Triathlon als intensives Hobby betreibt, will in Roth laufen. Das ist meine Motivation und ich will auch meine Grenze kennenlernen, wie weit ich da kommen kann. Und Thomas als Freund und Sportkamerad mit dabei zu haben, mit dem ich den Traum erfüllen kann, treibt mich auch unheimlich an.
Wie kommt ihr mit eurer Hörbehinderung im sportlichen, beruflichen und privaten Alltag zurecht?
Thomas: Ich komme meistens gut mit meiner Hörbehinderung zurecht, aber es gibt manchmal Schwierigkeiten mit der Kommunikation. In meinem Triathlonverein sind die Leute sehr nett und hilfsbereit. Ich fühle mich auch sehr wohl in dieser Sportgesellschaft.
Volker: Ich bin hochgradig hörbehindert und dank meiner Hörgeräte komme ich ganz gut klar in meinem privaten und beruflichen Alltag. Ich bin selbstbewusst und verstecke mich überhaupt nicht.
Triathlon finde ich besonders toll, weil es dort keine Berührungsängste gibt. Egal ob Profis, Amateure oder Behinderte, dort auf dem Wettkampfgelände sind wir alle gleich. Man lernt dadurch auch unheimlich viele nette Leute kennen.
Ich habe auch mit Thomas und anderen Triathleten einen kleinen privaten Triathlonverein gegründet (Deaf Triathlon Münsterland). Damit möchte ich die Hörbehinderten für diesen Sport noch mehr begeistern und ihnen mehr Selbstbewusstsein schenken.
Und zu guter Letzt: Wer ist der Bessere von euch? Werdet ihr euch auch im Lauf dann gegenseitig anspornen, um zu sehen, wer der Bessere ist?
Thomas: Ich denke überhaupt nicht daran, wer der Bessere ist. Ich freue mich, wenn Volker und ich es über die Ziellinie schaffen, weil wir schon sehr viel Zeit für unseren Traum geopfert und investiert haben. Das darf nicht umsonst gewesen sein.
Volker: Wir sind beide sportlich ehrgeizig und jeder will sein Bestes geben. Da jeder von uns mit seiner Leistung und mit sich selbst zufrieden sein soll, ist es total egal wer als Erster ins Ziel kommen wird.