«Barrierearme Großereignisse in Mecklenburg-Vorpommern», das Pilotprojekt (Träger: Haus der Begegnung Schwerin e.V.) mit Sitz in Schwerin, ist seit gut einem halben Jahr mit der Sensibilisierung und Unterstützung von Veranstaltern in ganz Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt.
Konzerte, Events und Großereignisse weitestgehend barrierefrei zu gestalten, ist die Aufgabe der beiden Projektmitarbeiter Kevin Weltzien und Katharina Rupnow. Somit sollen auch seh- oder hörbehinderte Menschen oder Menschen mit einer Mobilitätsstörung wieder in den Genuss von kulturellen Veranstaltungen kommen. Gefördert wird das Projekt für 2 Jahre vom Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Für das Jahr 2016 stehen vor allem die Veranstaltungen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern – Kooperationspartner des Projektes – im Fokus. Bereits jetzt sind die Planungen für den Sommer 2016 in vollem Gange und konkrete Umsetzungen stehen fest. So sollen für hörbehinderte Besucher zum einen hörverstärkende Funkübertragungsanlagen (mit und ohne Hörgerät nutzbar) bei einer Vielzahl von Veranstaltungen zum Einsatz kommen, zum anderen werden 3 Konzerte live in Gebärdensprache übersetzt. Dazu zählen das allseits beliebte «Kleine Fest im Großen Park» im Ludwigsluster Schlosspark am 12. und 13.08.16, welches jährlich bis zu 18.000 Besucher anzieht sowie das Eröffnungskonzert (17.06.16 in Wismar) und das Abschlusskonzert (17.09.16 in Neubrandenburg). Konzerte, vor allem mit klassischer Ausrichtung, in Gebärdensprache zu übersetzen, ist in Mecklenburg-Vorpommern bis dato einmalig, aber auch deutschlandweit eine Seltenheit. «Uns ist es ein besonderes Anliegen, unsere Veranstaltungen allen Interessierten zugänglich zu machen. Wir hoffen, dass viele Menschen die neuen Angebote wahrnehmen und uns aktiv Rückmeldung geben. So können wir nachhaltig daran arbeiten, unser Programm barrierefrei zu gestalten», betonte Toni Berndt, Kaufmännischer Direktor und Leiter der Veranstaltungsorganisation der Festspiele M-V. Für Blinde oder seheingeschränkte Besucher werden künftig Programmhefte und Konzertprogramme bei Bedarf in Brailleschrift zur Verfügung gestellt. Zudem ist grundsätzlich der frühere Einlass mit Begleitung zum Platz möglich. Auch die Besucher im Rollstuhl oder mit Gehbehinderungen können von diesem Angebot Gebrauch machen. Zusätzlich wird es, soweit möglich, reservierte Parkplätze, rollstuhlgerechte WCs und einen barrierefreien Zugang zur Spielstätte geben. Welche Spielstätten zugänglich sind bzw. Einschränkungen aufweisen, kann unter www.festspiele-mv.de/barrierefrei abgerufen oder persönlich bei Bianca Weid – Mitarbeiterin der Festspiele MV – erfragt werden (Tel. 0385 5918525, b.weid@festspiele-mv.de).
Aber nicht nur die Veranstaltungen selbst, sondern auch die Homepages müssen Barrieren überwinden. So befinden sich auf der Internetseite der Festspiele M-V zwei Gebärdensprachvideos, damit auch hörbehinderte Menschen alle notwendigen Informationen erhalten. Diese wurden auch mit Untertitel und einer Tonspur hinterlegt. Für seheingeschränkte und blinde Menschen stehen Audio-Dateien und barrierefreie PDFs zur Verfügung, die das komplette Programm wochenweise vorlesen.
Auch wenn die Festspiele MV mit gutem Beispiel vorangehen, ist und bleibt die Sensibilisierung und Aufklärung vieler Veranstalter weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der beiden Projektmitarbeiter. Dies ist ein fortlaufender und sehr weitreichender Prozess, der+ nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. «Barrierefreiheit wird oft mit Rollstuhlgerechtigkeit gleichgesetzt», so Kevin Weltzien. Aussagen wie «Wir haben eine Rampe und eine behindertengerechte Toilette, wir sind barrierefrei.» bringen ihn und seine Kollegin oft zum Schmunzeln.
Frank Markwardt von den Festspielen Wismar e.V. hingegen weiß bereits schon jetzt, dass Barrierefreiheit über Rollstuhlgerechtigkeit hinausgeht. So findet am 24.07.2016 eine barrierefreie Theateraufführung des «Faust» in der St.-Georgen-Kirche statt, die mit einer Übersetzung in Gebärdensprache, in Schrift und mit Audiodeskription fast einmalig in Deutschland sein wird. Auch hier kommt wieder die hörverstärkende Funkübertragungsanlage (mit und ohne Hörgerät nutzbar) zum Einsatz.
Nach einem halben Jahr getaner Arbeit, zieht Katharina Rupnow ein positives Resümee: «Wir wissen, dass in dem Bereich der Großveranstaltungen noch viel im Hinblick auf die Barrierefreiheit getan werden muss, aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Und mit den Festspielen M-V und den Festspielen Wismar e.V. haben wir auf jeden Fall tolle Partner mit an Bord, die das was sie sagen, auch definitiv in die Tat umsetzen werden.»
Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn sich Interessierte vorher anmelden und ihren persönlichen Bedarf angeben. Auch die beiden Projektmitarbeiter Katharina Rupnow und Kevin Weltzien stehen jederzeit beratend zur Seite.
«Wir freuen uns auf die Saison 2016 und hoffen, dass viele Menschen von unseren neugeschaffenen Angeboten erfahren und letztlich profitieren werden. Allerdings sollten sich die Interessenten beeilen, denn viele Konzerte sind bereits frühzeitig ausverkauft», so Rupnow. Ganz wichtig ist allerdings, dass Menschen mit einem Handicap solche Angebote auch tatsächlich wahrnehmen beziehungsweise bei Veranstaltern gezielt nachfragen, ob man nicht auch ihnen die Teilnahme ermöglichen kann.
Weitere Informationen zum barrierearmen Projekt finden Sie unter www.hdb-sn.de.