Was ist das CHARGE-Syndrom?
Was ist das CHARGE-Syndrom? Die äußerliche Wahrnehmung schreckt so manche Menschen ab. Doch so schlimm muss das aber gar nicht sein. hearZONE erklärt.
Bei dem CHARGE-Syndrom handelt es sich um einen genetischen Defekt, der mehrere Körperteile betrifft. Daher auch die Bezeichnung der Krankheit. Jeder Buchstabe steht für ein Symptom.
Mit dem Buchstaben ‹C› wird der ‹Kolomb des Auges› abgekürzt bezeichnet. Darunter wird ein Sehfehler verstanden, der sich im Rahmen von Sehstörungen wie z.B. Gesichtsfeldausfällen oder Blendempfindlichkeit, äußert. Auch eine Netzhautablösung ist möglich. Der Buchstabe ‹H› steht für das Symptom ‹Herzfehler›. Einige von diesen müssen operativ behandelt werden. Die ‹Atresie der Choanen› wird mit dem Buchstaben ‹A› abgekürzt. Darunter wird eine einseitige oder auch beidseitige Verengung oder Blockierung des Nasenganges verstanden. Dieser Fehler kann bei der Geburt festgestellt und operativ beseitigt werden. In manchen Fällen sind mehrere Operationen notwendig.
Unter ‹R› fallen das retardierte Längenwachstum und die Entwicklungsverzögerung. Diese Symptome sind nahezu jedem Betroffenen anzumerken. Eine Wachstumsverzögerung, die sich aufgrund eines Hormondefizits äußert, ist sehr selten. Es ist trotzdem jedem Betroffenen anzuraten, diese Ursache überprüfen zu lassen, um diese ausschließen zu können. Die Ursache für Entwicklungsverzögerungen müssen nicht in einer geistigen Behinderung liegen. Entwicklungsverzögerungen können ebenso durch die eingeschränkte Wahrnehmung der Umwelt aufgrund der Beeinträchtigung der Sinnesorgane sowie durch motorische Einschränkungen und andere mit der Krankheit einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, entstehen. Durchaus können Kinder mit CHARGE-Syndrom über eine normale Intelligenz verfügen. Der Buchstabe ‹G› steht für eine Anomalie der Geschlechtsorgane. Da die äußeren Geschlechtsorgane betroffen sind, ist das Symptom bei Männern sehr leicht festzustellen.
Woran? An unscheinbaren Hoden und einem kleinen Penis. Bei Frauen sind die äußeren Schamlippen betroffen. Diese haben sich kleiner herausgebildet als normal. Die Fehlbildung des Ohres fällt unter dem letzten Buchstaben vom CHARGE-Syndrom. Das Außenohr, Mittelohr und Innenohr zählen zu den betroffenen Regionen. Die Fehlbildung des Ohres kann sich in einer Missbildung der Knochen im Mittelohr, einem enger oder fehlender Hörkanal, einer chronische Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr, sowie in ungewöhnlich geformten Außenohren, äußern. Unterschiedliche Hörprobleme können durch die Fehlbildungen auftreten. Bei einer Vielzahl der Betroffenen treten Gleichgewichtsprobleme auf. Bei einigen noch eine Dysfunktion der Gesichtsnerven.
Dabei können jene Gesichtsnerven betroffen sein, die zu einem Verlust des Geschmackssinns, Probleme beim Schlucken, Gesichtslähmungen oder einer Schallempfindungsstörung, führen. Nicht jedes der genannten Symptome tritt bei einem Betroffenen auf und sind genauso wenig von voller Ausprägung. Verfügt der Betroffene über mindestens drei der genannten Symptome, wird CHARGE diagnostiziert. Jannis Oppermann gibt uns einen Einblick in sein Krankheitsbild: «Ich bin gehörlos, habe Wahrnehmungsstörungen, mein Wachstum ist verzögert. Ich sehe jünger aus als ich bin. Meine Ohren sehen anders aus. Sie sind klein und unterschiedlich. Das ist CHARGE. Jeder Buchstabe hat eine Bedeutung.»
Wie sieht ein Leben mit dem CHARGE-Syndrom aus? Trotz des Gendefekts, können Menschen mit CHARGE-Syndrom ihr Leben erfolgreich bewältigen und glücklich leben. Je nach Umfeld und Kontakten hat der Betroffene psychische Probleme zu bewältigen, oder dieser führt ein selbstbestimmtes Leben. Von Ärzten falsch gestellte Prognosen können daher negative Folgen haben.
Es ist von besonderer Bedeutung frühzeitig Fachkräfte hinzuzuziehen, die sich sowohl mit dem Krankheitsbild als auch im Bereich der Erziehung auskennen, um eine positive Entwicklung der Betroffenen zu unterstützen und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Eltern des betroffenen Kindes profitieren von der Unterstützung und Anleitung der Experten. Durch das Verständnis für die Probleme des Kindes, entstehen die besten Voraussetzungen, um dem eigenen Kind die Unterstützung zu geben, die es braucht, um alle Möglichkeiten seiner Entwicklung auszuschöpfen.
«Das Leben ist für mich normal. Ich habe Kontakt zu einigen Menschen mit CHARGE-Syndrom. Auch für sie ist das Leben normal. Nichts Besonderes», so Jannis Oppermann. Er wünscht sich aber einen besseren Umgang von seinen Mitmenschen mit seinem Krankheitsbild. Äußerungen wie «Du kannst nichts…», oder «Du hast schlecht…» sind ihm schon häufiger zu Ohren gekommen. «Das ist Mobbing», sagt Jannis ernst. Auch für Joscha Nathanael Wolf ist das Leben normal: «Ich kann einfach wie jeder Mensch essen, erleben, reisen oder so.» Auch er bemerkt einen Mangel im Umgang der Mitmenschen mit seiner Krankheit. «Man kann sich selber denken, wobei man öfters verletzt wird», so Joscha.
Wie häufig tritt CHARGE auf und wie wird das Krankheitsbild behandelt? Die Genmutation tritt meist nur vereinzelt in den Familien auf. Es sind sehr selten mehrere Kinder aus einer Familie betroffen. Der Gentest bestätigt in nur 2/3 der Fälle den Verdacht auf das CHARGE-Syndrom. Bei 60-70 von 100 Personen werden Mutationen im CHD7-Gen auf dem Chromosom 8 gefunden. Wurde die Diagnose frühzeitig nach der Geburt gestellt, werden in den ersten Lebensjahren zahlreiche Operationen und Korrektureingriffe vorgenommen, um organische Fehlbildungen zu beheben und um bereits aufgetretene Symptome zu dezimieren.
Wo kann ich mich über das Krankheitsbild informieren? Mehrmals im Jahr finden unterschiedliche Schulungs- und Informationsveranstaltungen in ganz Deutschland statt. Die deutschsprachige CHARGE-Konferenz mit interessanten Vorträgen rund um das CHARGE-Syndrom, wird jährlich angeboten.
Der Veranstaltungsort im Jahr 2017 ist die Stadt Lauterbach in Hessen. Vom 23. bis 25. Juni 2017 können sich Interessierte bei dieser Konferenz über das Krankheitsbild informieren und sich mit Gleichgesinnten austauschen.