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«Ich möchte Gehörlosen Mut machen»

Andreas Bieri ist gehörlos. Mutig übernimmt er nach dem Tod des Vaters dessen Schreinerei. Mit Leidenschaft widmet er sich dem Schreinerberuf und betreut seine ersten Kunden. Gleichzeitig absolviert er die Weiterbildung Deafstart von Sonos, dem Hörbehindertenverband, um zu lernen, wie er sein eigenes Geschäft führen muss.

Bereits als kleiner Bub hat er seinen Vater bei den Arbeiten auf dem Bauernhof und in der Schreinerei auf dem Hof beobachtet. «Ich bin hier aufgewachsen und habe als Kind viel mitgeholfen», erzählt Andreas. Mit Begeisterung und Leidenschaft an der Holzverarbeitung begann er nach der Schule seine Ausbildung zum Schreiner, welche er mit Erfolg bestand. Zusätzlich erlernte Andreas das CAD-Zeichnen, um die Möbel zu zeichnen und seinen Kunden präsentieren zu können. Zur Herstellung eines Werkstücks werden die Daten aus dem CAM-Programm an die CNC-Fräsmaschine übermittelt. Mit der CNC-Maschine stellt Andreas Werkstücke aus komplexen Formen mit höchster Genauigkeit her.

Zusammenbau eines Möbelstücks

Als Schreiner liebt es Andreas mit verschiedenen Materialien zu arbeiten, daraus Möbel, Türen und Fenstersimse herzustellen. «Zuerst zeichne ich das Möbelstück, dann schneide ich es aufs Mass zurecht. Anschliessend hoble ich die Oberfläche der einzelnen Holzstücke glatt und bearbeite sie mit der Fräsmaschine, um diese auf den Zusammenbau vorzubereiten», erklärt Andreas. Nachfolgend setzt der Schreiner die einzelnen Holzstücke mit Schrauben und Leim zu einem Möbelstück zusammen. Das Schleifen und Ölen gibt dem schön geformten Holz noch den letzten Schliff. «Mein Ziel ist es, die Schreinerei meines Vaters wiederzubeleben und Kleinmöbel für Badezimmer herzustellen», erklärt Andreas.

Teilnahme an der Weiterbildung

Die passende CNC-Fräsmaschine für die Holzverarbeitung hatte vor einigen Monaten noch gefehlt, so schenkte er sich zu seinem Geburtstag eine «CNC» aus selbst angespartem Vermögen, um mit Hilfe der Maschine schöne Gravuren ins Holz einarbeiten zu können. «Ich liebe es, kreativ zu sein, darum bin ich von einzelnen Familienmitgliedern darauf angesprochen worden, ob ich mich mit der Schreinerei nicht selbstständig machen möchte. Nun nehme ich an der Weiterbildung Deafstart von Sonos teil und lerne, mein eigenes Geschäft zu führen», erzählt Andreas.

Aufbau eines Kundenstamms

Im Laufe der Jahre hat sein Vater einen Kundenstamm im Familienkreis aufgebaut, den Andreas nun betreut. Derzeit verlässt sich Andreas noch auf die Mund-zu-Mund-Propaganda und freut sich, durch die Übernahme des Familienbetriebs die Räumlichkeiten, Werkzeuge und Maschinen seines Vaters nutzen zu können und Schritt für Schritt die ersten Aufträge zu bearbeiten. Damit er genug Zeit für seine Firma hat, möchte Andreas sein Pensum bei seiner Hauptarbeitsstelle in Schaffhausen von 80 % auf 50 bis 60 % reduzieren. «Ich habe bereits mit meinem Arbeitgeber darüber gesprochen. Wir verstehen uns sehr gut – er unterstützt mein Vorhaben und verfolgt sehr interessiert, wie es bei mir läuft», so Andreas.

Druck entfällt mit der Selbstständigkeit

Die Selbstständigkeit geht er insgesamt locker an, um sich gesundheitlich nicht zu überlasten, denn Andreas kennt den enormen Druck in der Branche nur allzu gut. Mit dem Aufbau seiner Selbstständigkeit wird Andreas sich seine Zeit zu 40 bis 50 % selbst einteilen können. Gehörlosen macht er Mut: «Ich möchte mit meinem Werdegang auch Gehörlose ermutigen, sich selbstständig zu machen und auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen», erzählt Andreas.