Lua Leirner, Künstlerin und Kulturvermittlerin, berichtet über ihre Arbeit an der interaktiven Ausstellung «Dezena Emoldurada» im Kindermuseum Creaviva des Zentrums Paul Klee. Dabei spricht sie über Herausforderungen, ihre persönliche Verbindung zu Brasilien und die Einbindung gehörloser Künstler:innen.
Lua Leirner wurde als externe Beraterin für die Ausstellung «Dezena Emoldurada» eingeladen, die eine interaktive Antwort auf «Brasil! Brasil!» im Zentrum Paul Klee darstellt. «Über LinkedIn kam die Anfrage, und ich fand die Idee einer interaktiven, zugänglichen Ausstellung sofort spannend – vor allem da ich brasilianische Wurzeln und eine Hörbehinderung habe», erklärt Lua. Das Projekt war für sie auch persönlich bedeutend: Erstmals arbeitete sie als Regisseurin und Kulturvermittlerin für gehörlose Künstler aus Brasilien. Die Ausstellung, die sich der brasilianischen Kunst der Moderne widmet, legt durch Videoinstallationen in brasilianischer Gebärdensprache einen besonderen Fokus auf Barrierefreiheit und gewährt Besucher Einblicke in die Kultur und Gedankenwelt der gehörlosen Künstler. «In Brasilien sind Gebärdensprach-Videos in Museen, Theatern und öffentlichen Einrichtungen oft selbstverständlich. Solche Zugänglichkeit wollte ich auch hier schaffen.»
Kreative Lösungen
Die Zusammenarbeit mit Künstlern in Brasilien brachte zahlreiche organisatorische und sprachliche Herausforderungen mit sich. Lua berichtet: «Es war oft nicht einfach, da viele Beteiligte unterschiedliche Kommunikationsstile hatten und ich nur begrenzt die brasilianische Gebärdensprache verstehe. Dank der Hilfe meiner Mutter, einer erfahrenen Filmemacherin, konnten wir die Videos jedoch pünktlich in brasilianischem Portugiesisch und Deutsch untertiteln und fertigstellen.» Ein emotionales Highlight für Lua war es, die Videos vor Ort zu sehen. Besonders berührt war sie von einem Tanzvideo, das so lebendig war, dass sich die Besucher bei der Vernissage zum Mittanzen inspiriert fühlten.
Ein interaktiver Zugang
Die Ausstellung «Dezena Emoldurada» umfasst zehn Stationen, die Besucher auf spielerische Weise die brasilianische Kunst näherbringen. Durch ein Rahmenfenster können verschiedene Perspektiven eingenommen werden, oder Besucher tauchen in grossformatige Collagen ein. «Diese Stationen, inspiriert von der Arbeit der Architektin Lina Bo Bardi, laden alle Altersgruppen ein, die brasilianische Kunst mit allen Sinnen zu erleben», erklärt Lua. Die zehn Videos zeigen, wie die Künstler Themen aus ihrer Gehörlosenkultur kreativ interpretieren. Während ein Video die Bedeutung von Farben erklärt, widmet sich ein anderes den berühmten Favelas Brasiliens. «Es war eine Herausforderung, die Kunstwerke so zu präsentieren, dass sie Gehörlose und Hörende gleichermassen ansprechen. Die Begeisterung der Künstler hat uns dabei sehr geholfen.»
Stolz auf die Zusammenarbeit
Trotz aller Hürden zieht Lua eine positive Bilanz und ist besonders stolz auf die Zusammenarbeit mit ihrer Mutter: «Das Untertiteln und Bearbeiten der Videos erforderte Geduld und Präzision – es war wie ein eigenes Kunstwerk.» Sie dankt auch ihrer brasilianischen Familie für die kulturelle Inspiration, die sie durch deren Erbe schöpfen konnte. «Die Ausstellung bietet die seltene Gelegenheit, brasilianische Gebärdensprache zu erleben, ohne dafür nach Brasilien reisen zu müssen.»
Kunst als Brücke zwischen den Kulturen
Die interaktive Ausstellung spricht gehörlose und hörende Besucher gleichermassen an. Lua erinnert sich an besondere Momente während der Vernissage: «Es war berührend zu sehen, wie die Besucher brasilianische Gebärden imitierten oder die Bewegungen im Tanzvideo nachahmten.» Ein gehörloser Besucher entdeckte dabei Ähnlichkeiten zwischen der brasilianischen und schweizerdeutschen Gebärdensprache. Lua hofft, dass die Ausstellung die Menschen inspiriert, einen tieferen Einblick in die brasilianische Kultur und die Gehörlosengemeinschaft zu gewinnen. «Gehörlose sind selten vollständig in Museen eingebunden. Ich hoffe, dass solche Angebote häufiger stattfinden und das Interesse an Gebärdensprache weiter wächst.»
https://www.zpk.org/de/creaviva