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«Ich bin nicht, ich werde behindert»

Mit dem Leitspruch «Ich bin nicht behindert, ich werde behindert» bringt der SoVD Nordrhein-Westfalen e.V. Menschen mit Behinderung in den Vordergrund.

«Wir sehen seit langem, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung in der Behindertenpolitik oftmals rein symbolische Politik betreibt», betont Dr. Michael Spörke, Leiter der Abteilung Sozialpolitik im SoVD NRW. «Vom bevölkerungsreichsten Bundesland in Deutschland ist zu Recht mehr zu erwarten als bisher geschehen ist. Mit unserer Kampagne wollen wir auf die vorhandenen Barrieren in der Behindertenpolitik von NRW hinweisen und fordern eine konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.»

Der Leitspruch «Ich bin nicht behindert, ich werde behindert» wurde laut Spörke bereits in den siebziger Jahren von der damals neuen emanzipatorischen Behindertenbewegung erfunden, um auf die Diskriminierung behinderter Menschen hinzuweisen. Eine Behinderung entsteht erst durch die verschiedensten Barrieren, die einen daran hindern, selbstbestimmt leben zu können.

Mit 7 Protagonisten mit unterschiedlichen Behinderungen startete der SoVD Nordrhein-Westfalen e.V. die Kampagne am 1. August 2016. Unter den Protagonisten sind unter anderem zwei Hörbehinderte: Jessica Klinger und Christine Tschuschner. Die Kampagne wurde im Mai 2016 in Düsseldorf vorbereitet und produziert. Mit authentischen und aussagenden Fotos sowie Kurzinterviews mit den Protagonisten ist die Kampagne kaum noch zu übersehen.

«In der hörenden Welt stoße ich ständig auf Kommunikationsgrenzen», so Jessy im Gespräch mit dem SoVD. «Ich fordere mehr Einsätze von Gebärdensprachdolmetschern sowie mehr Untertitel. Einfach hundertprozentige Barrierefreiheit in Gebärdensprache.»

Einen guten Start machte das Interview mit Christine Tschuschner, Studentin im Fach Rehabilitationspädagogik, kommissarische Landesreferentin für Flüchtlinge beim Landesverband NRW und Chefredaktorin von hearZONE. Das 5-minütige Interview schilderte alle Barrieren gebärdensprachorientierter Menschen. Heute genießt das Interview über 20.000 Aufrufe. «Ich möchte mit meiner Teilnahme viele Menschen erreichen und auf unsere Belange aufmerksam machen, weil wir für unsere Landesverhältnisse noch deutlich hinterherhinken. Es besteht die Frage: Was will Deutschland sein? Ein Vorbild oder einfach ein schlechtes Beispiel?», so Christine Tschuschner.

«Werden Sie Teil der Kampagne», ist der Untertitel vom Leitspruch. Menschen mit Behinderung aus ganz Deutschland können ein Foto von sich selbst auf der Webseite www.ich-werde-behindert.de hochladen und die Forderung der konsequenten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit ihrem Gesicht unterstreichen. Eine Vielzahl hörbehinderter Menschen aus ganz Deutschland machte zudem mit.

«Ziel ist es, mit Hilfe der Gesichter von behinderten Menschen auf die Probleme dieser Menschen aufmerksam zu machen und unsere behindertenpolitischen Forderungen an die nordrhein-westfälische Landespolitik zu verdeutlichen», resümiert Dr. Michael Spörke. «Die Kampagne hat einen sehr guten Start hingelegt. Jetzt geht es darum, noch mehr Menschen zu überzeugen, mitzumachen, damit wir mit einem überzeugenden Kampagnenergebnis an die Landesregierung herantreten können. Je mehr Fotos und je mehr Stimmen wir sammeln können, desto eher werden wir mit unseren Forderungen Gehör finden.»

Die Kampagne fand nicht nur virtuell statt, sondern auch auf den Straßen. An fünf verschiedenen Tagen von Anfang bis Mitte September 2016 zeigten sich Menschen mit Behinderung in Bielefeld, Gelsenkirchen, Bochum, Köln und in Hamm auf öffentlichen Plätzen und machten auf die Belange behinderter Menschen aufmerksam.

Die Abschlussveranstaltung findet am 28. September 2016 um 15.00 Uhr auf der Rehacare-Messe in Düsseldorf statt.

«Es muss verstanden und praktisch ermöglicht werden, dass es normal ist, verschieden zu sein und dass jeder Mensch mit seiner Verschiedenheit ein Recht darauf hat, sein Leben selbstbestimmt leben zu können. Wenn wir das erreicht haben, leben wir in einer inklusiven Gesellschaft», schließt Spörke das Gespräch ab.

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